R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
EWS-Standpunkte
22.08.2014
EWS-Standpunkte
Prof. Dr. jur. Michael Hakenberg: ADR und ODR – neue Vorgaben der Europäischen Union zur alternativen Streitbeilegung in Verbrauchersachen

Die alternative Streitbeilegung – auch ADR von alternative dispute resolution genannt – gerät immer stärker in den Fokus des europäischen Gesetzgebers. Nach der Mediations-Richtlinie 2008/52/EG vom 21. 5. 2008 (ABl. L 136/3) hat er daher im vergangenen Jahr sowohl die Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten – ADR-Richtlinie (ABl. L 165/63) als auch die Verordnung 524/2013 über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten – ODR-VO (ABl. L 165/1) erlassen. Sie sollen die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten in der Europäischen Union fördern und hierfür einheitliche Mindeststandards schaffen.

Die bis Mitte 2015 notwendige Umsetzung der ADR-Richtlinie wird die Rahmenbedingungen der alternativen Streitbeilegung in Deutschland nachhaltig verändern. Sie erfasst alle inländischen oder grenzüberschreitenden Streitigkeiten aus Kauf- oder Dienstleistungsverträgen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer und verpflichtet die Mitgliedstaaten, für ihre außergerichtliche Beilegung ein flächendeckendes Netz von ADR-Stellen zu schaffen. Dies wird erhebliche Auswirkungen auf die komplexe und sehr unterschiedliche deutsche ADR-Landschaft mit Schlichtungsstellen, Schiedsmännern, Ombudsleuten, Mediatoren usw. haben.

Die alternative Streitbeilegung soll unabhängig, unparteiisch, transparent, effektiv, schnell und fair sein. Welche Mindestanforderungen sich aus diesen Grundsätzen für ADR-Stellen, ihr Verfahren und die mit der Streitbeilegung betrauten natürlichen Personen ergeben, beschreibt ausführlich ein demnächst in der Zeitschrift EWS erscheinender  Aufsatz. So müssen etwa alle ADR-Stellen von einer noch zu bestimmenden deutschen Behörde akkreditiert und überwacht werden. Die mit der Streitbeilegung tatsächlich betrauten natürlichen Personen müssen ihrerseits bestimmte Qualifikationen besitzen, zu denen auch grundlegende Rechtskenntnisse gehören. Dargelegt wird ferner, auf welche Arten ein ADR-Verfahren beendet werden kann und welche Rechte und Pflichten die Richtlinie den Parteien auferlegt.

Während sich die Richtlinie an die Mitgliedstaaten richtet, ist Adressat der ODR-Verordnung allein die Europäische Kommission. Sie ist verpflichtet, eine Internet-Plattform einzurichten, über die das Streitbeilegungsverfahren online abgewickelt werden kann. Verbraucher, die dies wünschen, können also in Zukunft elektronisch ihre Beschwerde einreichen und mit allen Betroffenen kommunizieren. Wie dies im Einzelnen ausgestaltet ist, wird ebenfalls beschrieben.

Die ADR-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, für alle Verbraucherstreitigkeiten aus Kauf- und Dienstleistungsverträgen Stellen der alternativen Streitbeilegung bereitzustellen. Dies ist eine große Aufgabe, denn in diesen Bereichen gibt es bisher wenig alternative Streitbeilegungsangebote, von bestimmten Branchen wie etwa Transport, Versicherungen und Banken einmal abgesehen. Der Aufsatz befasst sich daher auch mit den Umsetzungsmöglichkeiten des deutschen Gesetzgebers, die – egal für welche er sich entscheidet – die alternative Streitbeilegung in Deutschland auf Dauer prägen werden.

 

Prof. Dr. Michael Hakenberg ist Professor für Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Hochschule Trier.

 

stats