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Wirtschaft
11.01.2024
Wirtschaft
EuGH-SA: GA Szpunar: Ein Mitgliedstaat darf einem Anbieter von OnlineDiensten, der in seinem Hoheitsgebiet tätig, aber in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, keine generellen und abstrakten Verpflichtungen auferlegen

GA Szpunar, Schlussanträge vom 11. 1. 2024 – verb. Rs. C‑662/22 und C‑667/22, C‑664/22, C‑666/22 und C‑665/22; Airbnb Ireland UC (C-662/22), Expedia Inc. (C-663/22), Google Ireland Limited (C-664/22), Amazon Services Europe Sàrl (C-665/22 and C-667/22), Eg Vacation Rentals Ireland Limited (C-666/22) gegen Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni; ECLI:EU:C:2024:18

PM Nr. 5/2024 v. 11.1.2024: In Italien unterliegen Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen wie Airbnb, Google, Amazon und Vacation Rentals einer Reihe von Verpflichtungen: Sie müssen in einem Register eingetragen sein, in regelmäßigen Zeitabständen einer Behörde eine Reihe von Informationen übermitteln und eine Gebühr entrichten.

Bei Verstößen gegen diese Verpflichtungen drohen ihnen Sanktionen.

Mit Ausnahme von Expedia, die in den Vereinigten Staaten ansässig ist und sich lediglich gegen die Pflicht zur Erteilung von Informationen wendet, greifen die genannten Anbieter von Online-Diensten, die in der Europäischen Union ansässig sind, diese Verpflichtungen vor den italienischen Gerichten an. Sie machen geltend, die Verpflichtungen verstießen gegen die Verordnung der Union zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten,[1] während Italien vorträgt, mit der fraglichen Regelung würden die Unionsvorschriften umgesetzt. Überdies machen die in der Union ansässigen Gesellschaften geltend, die betreffenden Verpflichtungen verstießen insbesondere gegen den in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr[2] aufgestellten Grundsatz, wonach die Dienste der Informationsgesellschaft im Prinzip dem Recht des Mitgliedstaats der Niederlassung eines Anbieters (im konkreten Fall Irland oder Luxemburg) unterlägen. In diesem Kontext hat ein italienisches Gericht beschlossen, dem Gerichtshof Fragen vorzulegen.

Generalanwalt Maciej Szpunar kommt zu dem Ergebnis, dass es mit dem Unionsrecht und speziell der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr unvereinbar sei, einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Anbieter von Online-Diensten solche generellen und abstrakten Verpflichtungen aufzuerlegen.

Außerdem vertritt er in Bezug auf die Verordnung zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten die Auffassung, dass die in der italienischen Regelung vorgesehenen Verpflichtungen keine Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Verordnung darstellten. Die Verordnung rechtfertige die Verpflichtungen daher nicht. Sie solle durch die Schaffung eines fairen, vorhersehbaren, tragfähigen und vertrauenswürdigen Online-Geschäftsumfelds im Binnenmarkt zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen. In diesem Kontext dürfe ein Mitgliedstaat nur Informationen sammeln, die mit den ihm durch die Verordnung auferlegten Verpflichtungen und den mit ihr verfolgten Zielen in Zusammenhang stünden.

 



[1] VO (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten.

[2] Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“).

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