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Wirtschaft
08.06.2023
Wirtschaft
EuGH: Pauschalreisen und Covid-19-Pandemie: Eine nationale Regelung, nach der die Reiseveranstalter vorübergehend von ihrer Verpflichtung befreit sind, ...

... im Fall des Rücktritts alle Zahlungen voll zu erstatten, ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar

EuGH, Urteil vom 8. 6. 2023 – Rs. C-407/21; Union fédérale des consommateurs – Que choisir (UFC – Que choisir), Consommation, logement et cadre de vie (CLCV) gegen Premier ministre, Ministre de l’Économie, des Finances et de la Relance; ECLI:EU:C:2023:449

1.      Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG ist dahin auszulegen, dass, wenn der Reiseveranstalter nach dieser Bestimmung im Fall des Rücktritts von einem Pauschalreisevertrag verpflichtet ist, dem Reisenden alle für die Pauschalreise getätigten Zahlungen voll zu erstatten, unter einer solchen Erstattung ausschließlich eine Erstattung der Zahlungen in Geld zu verstehen ist.

2.      Art. 12 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2015/2302 in Verbindung mit deren Art. 4 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Pauschalreiseveranstalter im Kontext des Ausbruchs einer weltweiten gesundheitlichen Notlage, wegen derer Pauschalreiseverträge nicht erfüllt werden können, vorübergehend von ihrer Verpflichtung befreit sind, den Reisenden innerhalb von spätestens 14 Tagen nach Beendigung des Pauschalreisevertrags alle für die Pauschalreise getätigten Zahlungen voll zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die Regelung dazu dient, zu verhindern, dass wegen der hohen Zahl der zu erwartenden Erstattungsforderungen die Liquidität der Reiseveranstalter derart beeinträchtigt wird, dass deren Existenz bedroht ist, und damit dazu, die Lebensfähigkeit der betreffenden Branche zu erhalten.

3.      Das Unionsrecht, insbesondere der in Art. 4 Abs. 3 EUV verankerte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, das über eine Klage auf Nichtigerklärung einer nationalen Regelung zu entscheiden hat, die gegen Art. 12 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2015/2302 verstößt, danach nicht befugt ist, die Wirkungen seiner Entscheidung, mit der die nationale Regelung für nichtig erklärt wird, in zeitlicher Hinsicht anzupassen.

(Tenor)

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