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Politiken
25.03.2021
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EuGH: Der Gerichtshof bestätigt die Unzulässigkeit der Klage, die von Familien aus der Europäischen Union sowie aus Kenia und Fidschi gegen das „Klimapaket“ der Union von 2018 erhoben wurde

Der EuGH hat mit Urteil vom 25. 3. 2021 – Rs. C-565/19 P; Armando Carvalho u. a. gegen Parlament und Rat; ECLI:EU:C:2021:252 entschieden.

(PM Nr. 51/21) Das Gericht hat zu Recht festgestellt, dass die Kläger von diesem Gesetzespaket nicht individuell betroffen sind

Im Jahr 2018 erhoben Familien, die aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Deutschland, Frankreich, Italien, Portugal und Rumänien) und anderen Ländern (Kenia und Fidschi) stammen und in der Landwirtschaft bzw. im Tourismus tätig sind, sowie ein schwedischer Verband, der junge indigene Samen vertritt, beim Gericht der Europäischen Union eine Klage mit dem Begehren, dass die Union in Bezug auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen schärfere Maßnahmen ergreift als diejenigen, die in einem Gesetzespaket von 2018[1] vorgesehen sind.

Die Kläger beantragten insbesondere, dieses Gesetzespaket für nichtig zu erklären, soweit darin das Ziel festgelegt wird, die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zum Niveau von 1990 um 40 % zu reduzieren, sowie anstelle einer finanziellen Entschädigung für ihre vorgeblichen individuellen Einbußen anzuordnen, dass der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament Maßnahmen erlassen, die eine Reduktion um mindestens 50 bis 60 % vorschreiben.

Mit Beschluss vom 8. 5. 2019[2] stellte das Gericht fest, die Klage sei unzulässig, da die Kläger keines der Kriterien für die Klagebefugnis erfüllten.

Das Gericht war insbesondere der Auffassung, dass die Kläger von dem Gesetzespaket nicht individuell betroffen seien. Die Tatsache, dass sich der Klimawandel auf eine bestimmte Person anders auswirken könne als auf eine andere, bedeute nicht, dass aus diesem Grund eine Befugnis zur Klage gegen eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung bestehe. Ein anderer Ansatz hätte zur Folge, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)[3] aufgestellten Anforderungen auszuhöhlen und ein Klagerecht für jedermann zu schaffen. Was den in Form eines Schadensersatzantrags gestellten Antrag betreffe, den Rat und das Parlament zum Erlass schärferer Maßnahmen zu verpflichten, so werde damit im Grunde ein ähnliches Ergebnis angestrebt, wie es sich aus der Nichtigerklärung der streitigen Rechtsakte ergäbe, so dass dieser Antrag ebenfalls als unzulässig anzusehen sei.[4]

Mit seinem heute verkündeten Urteil weist der Gerichtshof das Rechtsmittel gegen den Beschluss des Gerichts zurück und bestätigt damit endgültig die Abweisung der Klage.

Der Gerichtshof hebt insbesondere hervor, dass allein das Vorbringen, ein Rechtsakt der Union verletze die Grundrechte, noch nicht dazu führt, dass die Klage eines Einzelnen zulässig wäre; andernfalls entfiele der Sinn der im AEUV aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können die Unionsgerichte, ohne damit ihre Befugnisse zu überschreiten, diese Voraussetzungen nicht so auslegen, dass es zu einer Abweichung von den ausdrücklichen Bestimmungen des AEUV kommt; dies gilt auch im Licht des in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten Grundrechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.

 



[1] Erlassen im Zusammenhang mit dem Kyoto-Protokoll und dem Übereinkommen von Paris, das darauf abzielt, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 bis 2° C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dieses Gesetzespaket enthält erstens die Richtlinie (EU) 2018/410 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 3. 2018 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Unterstützung kosteneffizienter Emissionsreduktionen und zur Förderung von Investitionen mit geringem CO2-Ausstoß und des Beschlusses (EU) 2015/1814 (ABl. 2018, L 76, S. 3), zweitens die Verordnung (EU) 2018/842 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 5. 2018 zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 (ABl. 2018, L 156, S. 26) und drittens die Verordnung (EU) 2018/841 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. 5. 2018 über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der VO (EU) Nr. 525/2013 und des Beschlusses Nr. 529/2013/EU (ABl. 2018, L 156, S. 1).

[2] Carvalho u. a/Parlament und Rat, T-330/18.

[3] Genauer Art. 263 Abs. 4 AEUV.

[4] Diese Beurteilung wird vom Gerichtshof in seinem heutigen Urteil bestätigt.

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