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Politiken
20.12.2023
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EuG: Durch die restriktiven Maßnahmen, die gegen Russland erlassen wurden, ist es einem russischen Staatsbürger, der über eine Privatpilotenlizenz verfügt, grundsätzlich nicht untersagt, in der Europäischen Union ein Flugzeug zu führen

EuG, Urteil vom 20. 12. 2023 – Rs. T-233/22; Ekaterina Islentyeva gegen Rat der Europäischen Union; ECLI:EU:T:2023:828

PM Nr. 194/2023 v. 20.12.2023: Die Europäische Union hat gegen Russland wegen der Annexion der Krim und der Stadt Sewastopol und wegen der kontinuierliche Handlungen, die die Lage im Osten der Ukraine destabilisieren, seit 2014 restriktive Maßnahmen erlassen. Nach dem am 24. 2. 2022 erfolgten Angriff Russlands auf die Ukraine untersagte der Rat u. a. in Russland registrierten Flugzeugen, im Hoheitsgebiet der Union zu landen, von dort zu starten oder dieses Gebiet zu überfliegen. Das Verbot gilt auch für nicht in Russland registrierte Flugzeuge, die sich im Eigentum natürlicher oder juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland befinden oder von diesen gechartert werden oder anderweitig unter deren Kontrolle stehen.

Die Europäische Kommission und Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (EASA) verstehen dieses Verbot dahin, dass es Personen, die die russische Staatsangehörigkeit besitzen, danach auch untersagt ist, privat ein Flugzeug zu steuern, weil es dann unter ihrer Kontrolle sei, wann und wo das Flugzeug fliege. Darauf verwies die Direction de l’aviation civile des Großherzogtums Luxemburg in einem an die Klägerin gerichteten Antwortwortschreiben.

Die Klägerin besitzt die russische und die luxemburgische Staatsangehörigkeit und verfügt über eine luxemburgische Privatpilotenlizenz. Sie nutzt am Flughafen Luxembourg-Findel Flugzeuge. Sie hat beim Gericht der Europäischen Union Klage gegen das vom Rat ausgesprochene Verbot erhoben.

Das Gericht weist die Klage ab.

ii Es gelangt bei seiner Prüfung – wie der Rat – zu dem Schluss, dass das in Rede stehende Verbot für die Klägerin nicht gilt.

Das Verbot bezieht sich nämlich lediglich auf die wirtschaftliche oder finanzielle Kontrolle des Flugzeugs, nicht aber auf die Kontrolle, die vom Piloten des Flugzeugs ausgeübt wird.

Die Auslegung dahin, dass das Verbot auch für russische Staatsbürger gilt, die über eine Privatpilotenlizenz verfügen, wäre im Hinblick auf das Ziel, Druck auf den russischen Präsidenten und seine Regierung auszuüben, damit die Verstöße gegen das Völkerrecht abgestellt werden und die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt wird, offensichtlich unverhältnismäßig.

i Beschluss (GASP) 2022/335 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, Verordnung (EU) 2022/334 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 883/2014 des Rates über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren.

ii Die Klage wird u. a. aus folgenden Gründen abgewiesen: Für die Überprüfung von Maßnahmen, die mit einem Beschluss des Rates, der die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) betrifft, erlassen werden und keine restriktiven Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen darstellen, sondern Maßnahmen mit allgemeiner Geltung, ist das Gericht nicht zuständig. Soweit die Maßnahme auch in einer Verordnung des Rates vorgesehen ist, für deren Überprüfung das Gericht grundsätzlich zuständig ist, ist die Klägerin, da sie die Maßnahme nicht unmittelbar betrifft, nicht klagebefugt.

 

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