EuGH-SA: Generalanwalt Collins: eine öffentliche Einrichtung darf ihren Bediensteten unter bestimmten Voraussetzungen das Tragen jedes sichtbaren Zeichens politischer,
... religiöser oder weltanschaulicher Überzeugungen an ihrem Arbeitsplatz verbieten
GA Collins, Schlussanträge vom 4. 5. 2023 – Rs. C-148/22; OP gegen Commune d’Ans; ECLI:EU:C:2023:378
Nach alledem schlägt der GA dem Gerichtshof vor, auf die vom Tribunal du travail de Liège (Arbeitsgericht Lüttich, Belgien) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:
1. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass eine Bestimmung der Dienstordnung einer öffentlichen Einrichtung, die den Bediensteten mit dem Ziel, ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu gestalten, das Tragen jedes sichtbaren Zeichens politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen am Arbeitsplatz verbietet, gegenüber Bediensteten, die beabsichtigen, ihre Religions- und Gewissensfreiheit durch das sichtbare Tragen eines Zeichens oder Kleidungsstücks mit religiösem Bezug auszuüben, keine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung im Sinne dieser Richtlinie darstellt, sofern die Bestimmung allgemein und unterschiedslos angewandt wird.
2. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung, die sich aus einer Bestimmung der Dienstordnung einer öffentlichen Einrichtung ergibt, die den Bediensteten das Tragen jedes sichtbaren Zeichens politischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen am Arbeitsplatz verbietet, durch den Willen dieser Einrichtung gerechtfertigt sein kann, ein vollständig neutrales Verwaltungsumfeld zu gestalten, sofern erstens dieser Wille einem echten Bedürfnis der Einrichtung entspricht, das diese nachzuweisen hat, zweitens die Ungleichbehandlung geeignet ist, die ordnungsgemäße Umsetzung dieses Willens sicherzustellen, und drittens dieses Verbot auf das unbedingt Erforderliche beschränkt ist.
(Schlussanträge)