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Politiken
04.07.2014
Politiken
Finanzsektor; Institutionelles Recht; Bankenaufsicht
Europäischer Rechnungshof: Sonderbericht zur Europäischen Bankenaufsicht

In dem am 2. 7. 2014 veröffentlichten Sonderbericht Nr. 5/2014 mit dem Titel "Die Europäische Bankenaufsicht nimmt Gestalt an – Die EBA in einem sich wandelnden Umfeld"  untersuchte der Europäische Rechnungshof, ob die Kommission und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ihre Zuständigkeiten zur Festlegung neuer Regelungen für das Regulierungs- und Aufsichtssystem im Bankensektor zufriedenstellend wahrgenommen haben und wie wirksam diese neuen Regelungen funktioniert haben.

Der Hof stellte fest, dass die Kommission und die EBA mit einem umfassenden regulatorischen Rahmen auf die Finanzkrise reagierten. Im Allgemeinen ist die Ausarbeitung der Rechtsvorschriften im Bankensektor durch die Kommission rechtzeitig erfolgt. Durch die strengen Fristen, die sich aus den im Rahmen der G20 und des Baseler Ausschusses geschlossenen internationalen Abkommen ergaben, und durch die Verzögerungen aufgrund der Verhandlungen auf politischer Ebene verkürzte sich jedoch die Zeit, die externen Interessengruppen blieb, um im Wege von Konsultationen ihren Teil beizutragen. Überdies stand der EBA nur wenig Zeit für die Ausarbeitung technischer Standards zur Verfügung. Es war ihr nicht möglich, die Mandate und die Einhaltung der Fristen im Zuge des Rechtsetzungsverfahrens in systematischer Weise zu kommentieren. Obwohl in den letzten Jahren zahlreiche Legislativvorschläge eingebracht wurden (und weitere in Vorbereitung sind), hat bislang keine sektorübergreifende Bewertung der Auswirkungen des Gesamtpakets stattgefunden.

Die EBA trug zur Verbesserung der grenzübergreifenden Bankenaufsicht bei, indem sie die Tätigkeiten der nationalen Aufsichtsbehörden koordinierte und erleichterte. Allerdings ist die laufende Beaufsichtigung weiterhin Aufgabe der nationalen Aufsichtsbehörden, und die EBA ist nicht für die direkte Beaufsichtigung  zuständig. Die Aufsichtskollegien haben nur bedingt zur Angleichung der Finanzaufsicht beigetragen und verwendeten zu viel Zeit auf die Erörterung von Verfahren, ohne den Risiken ausreichende Beachtung zu schenken. Die EBA ist nicht befugt, Entscheidungen über die Angleichung der Finanzaufsicht zu treffen oder durchzusetzen und Streitigkeiten zwischen nationalen Aufsichtsbehörden beizulegen. Ihre rechtlichen Befugnisse zur Vermittllung sind begrenzt. Sie verfügte weder über das Personal noch das erforderliche Mandat, um die Zuverlässigkeit des Stresstests 2011 zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass der Stresstest ohne finanzielle Letztsicherungsmaßnahmen auf EU-Ebene durchgeführt wurde. Obwohl er die Rekapitalisierung zahlreicher Banken zur Folge hatte, sind durch ihn auch die Beschränkungen derartiger Stresstests deutlich geworden, wenn sie nicht mit der Bewertung der Qualität der Gesamtheit der Aktiva einhergehen.

Ab Herbst 2014 wird die EZB für die Beaufsichtigung des Bankensektors in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und anderen Mitgliedstaaten, die dies wünschen, zuständig sein. Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM) wird die Zusammenarbeit zwischen EZB und nationalen Aufsichtsbehörden umfassen, wobei die EZB für das Funktionieren des SSM insgesamt zuständig ist. Im Rahmen ihrer Regulierungsfunktion verfügt die EBA über ein Mandat zur Entwicklung technischer Standards und könnte ihr diesbezügliches Expertenwissen sinnvoll in die weitere Wahrnehmung dieser Aufgabe einbringen. Hingegen stellen sich Fragen, was die zukünftige Rolle der EBA bei der Bankenaufsicht angeht. Es besteht die Gefahr einer Unsicherheit hinsichtlich der Rollen und Zuständigkeiten sowie einer Überschneidung zwischen der EBA und der EZB.

In seinen Empfehlungen vertritt der Rechnungshof u. a. die Auffassung, dass eine erfolgreiche unionsweite Bankenaufsicht eine klare Trennung der Rollen der EBA, der EZB und der nationalen Aufsichtsbehörden – und zwar sowohl der zum SSM gehörenden als auch der anderen Aufsichtsbehörden – sowie der jeweiligen Rechenschaftspflichten erfordert. Um zu verhindern, dass sich Aufgaben überschneiden und Unklarheiten hinsichtlich der Zuständigkeiten bestehen, empfehlen die EU-Prüfer, die jeweiligen Rollen und Zuständigkeiten in Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen (Memoranda of Understanding) weiter klarzustellen. Ferner empfiehlt der Hof, Verfahren für eine enge und häufige Zusammenarbeit sowie einen entsprechenden Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Stellen zu schaffen, unter besonderer Beachtung der bis zur vollständigen Anwendung des SSM dauernden Übergangsphase.
Videointerview mit dem für den Bericht zuständigen EuRH-Mitglied - Stellungnahme des Vizepräsidenten der EU-Kommission Michel Barnier vom 2. 7. 2014 – STATEMENT/14/215

Quelle: EuRH, 2. 7. 2014 – ECA/14/30

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