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Steuern
24.11.2020
Steuern
GA Campos Sánchez-Bordona: Zuspitzung allgemeiner Mängel, die die Unabhängigkeit der polnischen Justiz beeinträchtigen, rechtfertigt nicht die automatische Ablehnung aller Europäischen Haftbefehle aus diesem Mitgliedstaat

GA Campos Sánchez-Bordona schlägt mit Schlussanträgen vom 12. 11. 2020 – verb. Rs. C 61/19 PPU und C-412/20; L. und P.; Beteiligte: Openbaar Ministerie, ECLI:EU:C:2020:925 – dem Gerichtshof vor, der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande) wie folgt zu antworten:

Art. 1 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung ist wie folgt auszulegen:

Solange der Europäische Rat nicht gemäß Art. 7 Abs. 2 EUV förmlich festgestellt hat, dass eine schwere und anhaltende Verletzung der in Art. 2 EUV genannten Werte durch den Ausstellungsmitgliedstaat vorliegt, kann die vollstreckende Justizbehörde die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls nur ablehnen, nachdem sie konkret und genau geprüft hat, dass angesichts der Situation der verfolgten Person, der Art der ihr vorgeworfenen Straftat und des Sachverhalts, auf dem dieser Europäische Haftbefehl beruht, ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die fragliche Person bei einer Übergabe einer echten Gefahr der Verletzung des ihr durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf ein faires Verfahren ausgesetzt sein wird.

Diese Gefahr kann unabhängig davon bestehen, ob die systemischen oder allgemeinen Mängel bei der Ausstellung des Europäischen Haftbefehls auftraten oder ob sie später aufgetreten sind und bei einer eventuellen Übergabe der gesuchten Person fortbestehen.

(Schlussanträge)

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