Gibt es etwas Neues zur Aufbewahrungsdauer von Bewerberdaten?
Dr. Carlo Piltz Chefredakteur Datenschutz-Berater
Die kurze Antwort: meines Wissens nicht. Damit könnte ich das Editorial bereits an dieser Stelle beenden. Dennoch ist die datenschutzrechtliche Beantwortung dieser Frage in der Praxis ein Dauerbrenner. Wie lange dürfen datenverarbeitende Stellen Dokumente und Unterlagen aus Bewerbungsverfahren aufbewahren, nachdem eine Auswahlentscheidung getroffen wurde? Wann dürfen bzw. müssen also die Daten von erfolglosen Bewerbern gelöscht werden? Die DSGVO kennt hierauf, bekanntermaßen, keine genaue Antwort. Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO gibt vor, dass der Verantwortliche verpflichtet ist, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Aber wann sind die personenbezogenen Daten von abgelehnten Bewerbern „nicht mehr notwendig“?
In der Praxis versucht man sich an verschiedensten Vorgaben aus dem Arbeitsrecht entlang zu hangeln. Oft wird auf § 21 Abs. 5 Satz 1 AGG verwiesen. Danach muss ein Anspruch wegen Benachteiligung innerhalb einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden. Zumeist wird auf diese zwei Monate noch ein Sicherheitspuffer von einem Monat aufgeschlagen. Also wäre man bei einer „Notwendigkeit“ der Speicherung von 3 Monaten ab Ablehnung. Nach Art. 13 Abs. 2 lit. a DSGVO muss der Verantwortliche zudem über die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Daue informieren. Man muss also gegenüber den Bewerbern Farbe bekennen. Aber wie spezifisch muss diese Information erfolgen? Genügt eine allgemeine Beschreibung oder, wie oft von den Aufsichtsbehörden gefordert, muss eine genaue Speicherdauer angegeben werden?
Oft bietet es sich, bei offenen bzw. ungeklärten Fragen im Datenschutzrecht an, einmal zu schauen, wie die Aufsichtsbehörden mit dem Thema umgehen. Überspitzt formuliert: muss ein Verantwortlicher „besser“ oder „schlauer“ sein, als eine Aufsichtsbehörde? In der nachfolgen Tabelle habe ich eine kurze Übersicht zu den Angaben hinsichtlich der Speicherdauer von Bewerbungsunterlagen im Fall der Ablehnung von Bewerbern einiger Aufsichtsbehörden erstellt. Das Ergebnis überrascht (oder vielleicht auch nicht?)
Aufsichtsbehörde | Angabe Speicherdauer |
---|---|
Bund | Die Speicherung erfolgt im Einklang mit der Richtlinie für das Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut in Bundesministerien, die gemäß der IT-Richtlinie des BfDI verbindlichen Regelungsgehalt hat. |
Baden-Württemberg | Ansonsten endet das Bewerbungsverfahren für Sie mit dem Zugang einer Absage. Ihre personenbezogenen Daten werden in diesem Fall vier Monate nach dem Zugang der Ablehnung gelöscht, soweit eine längere Speicherung nicht zur Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist. |
Bayern (BayLfD) | Im Falle einer erfolglosen Bewerbung löschen wir Ihre personenbezogenen Bewerbungsdaten spätestens sechs Monate, nachdem eine Absage an Sie erfolgt ist; Bewerbungsunterlagen werden in diesem Zusammenhang vernichtet. |
Berlin | Andernfalls werden die Unterlagen der nicht berücksichtigten Bewerbungen spätestens sechs Monaten nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens vernichtet. |
Brandenburg | Wir speichern Ihre personenbezogenen Daten für die Dauer des Bewerbungsverfahrens. Für den Fall, dass Ihre Bewerbung nicht erfolgreich war, speichern wir die Daten in der Regel zwei Monate nach Mitteilung der Ablehnungsentscheidung. |
Schleswig-Holstein | Übersandte Unterlagen werden nach Abschluss des Auswahlverfahrens zurückgesandt oder vernichtet (z.B. bei Bewerbung nur durch E-Mail). |
Sachsen | Die personenbezogenen Daten werden nach Abschluss des Stellenbesetzungsverfahrens 13 Monate lang gespeichert. |
Hamburg | Spätestens nach Ablauf eines Jahres nach Abschluss des Stellenbesetzungsverfahrens werden alle Daten, die nicht für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, die Umsetzung bzw. Versetzung oder im Rahmen der Personalentwicklung benötigt werden, gelöscht. Diese Aufbewahrungsfrist ist für die Dokumentation des Verfahrens und möglicher daraus resultierender rechtlicher Bewertungsprozesse notwendig. |
Saarland | Sollten Sie nicht eingestellt werden, werden Ihre personenbezogenen Daten gelöscht, wenn der Rechtsweg gegen eine entsprechende Entscheidung des Landtages des Saarlandes ausgeschöpft ist (Abschluss des Bewerbungsverfahrens). |
Es zeigt sich: auch die Aufsichtsbehörden scheinen uneins bei der Antwort auf die Frage, wie lange personenbezogene Daten abgelehnter Bewerber aufbewahrt werden dürfen.
In diesem Sinne und mit einem leichten Schmunzeln, wünsche ich Ihnen für dieses Heft eine anregende Lektüre.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Carlo Piltz