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K&R 2025, I
Bodensiek 

Eine Verwertungsgesellschaft für Games

Abbildung 1

RA Kai Bodensiek

Die Zulassung einer neuen Verwertungsgesellschaft ist mit Sicherheit nichts Alltägliches. Im Jahr 2014 wurde die GWVR zugelassen und die C3S bemüht sich seit Jahren um eine Zulassung beim DPMA. Nun hat die VHG – Verwertungsgesellschaft für die Hersteller von Games am 9. 9. 2025 ihre Zulassung vom Deutschen Patent- und Markenamt als 14. deutsche Verwertungsgesellschaft erhalten. Das ist nicht nur im Hinblick auf die Frequenz der Zulassungen beim DPMA etwas Besonderes, sondern auch deshalb, weil damit erstmals Computerspiele als eigenständige Werkkategorie überhaupt im Rahmen der kollektiven Rechtewahrnehmung selbstständig in Erscheinung treten.

Die VHG richtet sich auch nicht an Urheber, wobei die Frage der Urheberschaft am Computerspiel als Gesamtwerk auch im Einzelfall interessante Fragestellungen aufwerfen dürfte. Vielmehr werden die Inhaber des Leistungsschutzrechts des Herstellers (§ 94 UrhG) adressiert. Als Filmwerk oder filmähnliches Werk findet auch das Filmherstellerleistungsschutzrecht auf Computerspiele Anwendung. Typischerweise sind entweder das ausführende Entwicklungsstudio oder im Rahmen von Auftragsproduktionen der beauftragende Publisher Hersteller des Computerspiels im Sinne des Urheberrechts.

Die VHG wird ausdrücklich nicht lizenzierend tätig, sie lässt sich also keine Nutzungsrechte von ihren Mitgliedern einräumen und vergibt auch keine Rechte. Die VHG nimmt ausschließlich die gesetzlichen Vergütungsansprüche zunächst nur für Privatkopien wahr.

Neben dem Urheber steht nach §§ 94 Abs. 4, 53, 54 UrhG auch dem Hersteller im Rahmen seines Leistungsschutzrechtes ein Vergütungsanspruch für Privatkopien gegen Hersteller von Speichermedien und Geräten zu. Diese Ansprüche können gemäß § 54h Abs. 1 UrhG nur von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Zum Zweck der Geltendmachung dieser Ansprüche haben sich neun Verwertungsgesellschaften zur ZPÜ („Zentralstelle für private Überspielungsrechte“) zusammengeschlossen und erzielen damit pro Jahr rund 200 Millionen Euro, die über die ZPÜ an die jeweiligen Verwertungsgesellschaften verteilt werden.

Bisher wurde dieser Topf unter den Urhebern und Leistungsschutzrechtsinhabern der klassischen Werkkategorien verteilt, weil es keine Verwertungsgesellschaft gab, die für den Bereich der Computerspielehersteller Rechte wahrgenommen hat. Es mag erstaunen, dass die Content-Branche, die im Jahr 2024 9,4 Milliarden Euro in Deutschland umgesetzt hat, sich bisher nicht entsprechend organisiert hat, zumal gerade soziale Medien und die Verbreitung von Spielen in der Jugendkultur dazu geführt haben, dass Gaming-Inhalte sehr häufig im Rahmen von Privatkopien vervielfältigt werden, seien es Screenshots oder Videoaufnahmen von Spielen.

Richtig ist aber auch, dass die sehr technikaffine Games-Branche das System der Privatkopievergütung an sich für reformbedürftig hält, was auch der Game-Verband als Gründungsgesellschafter der VHG selbst klarstellte. Eine Beteiligung am System setzte daher zunächst einen intensiven Prozess der Befassung mit dem Thema innerhalb der Branche voraus. Das Ergebnis des Prozesses – nämlich die VHG – ist damit ein Zeichen der Professionalisierung der deutschen Games-Branche, die sich in den letzten Jahren immer mehr als eigene Kulturindustrie in Deutschland emanzipiert hat. Dass die Hersteller von Games, die regelmäßig enorme Beträge in die Entwicklung von Games investieren, am Ende des Tages auch an den ihnen gesetzlich zustehenden Vergütungen beteiligt werden möchten, auch mit dem Ziel, diese in neue Produktionen am Standort Deutschland zu investieren, dürfte allgemein nachvollziehbar sein.

Nachdem die VHG nun diese formale Hürde genommen hat, wird im nächsten Schritt die Frage zu klären sein, in welchem Umfang die Games-Hersteller an der Privatkopievergütung zu beteiligen sind und wie eine Zusammenarbeit mit der ZPÜ aussehen könnte. Während die Gruppe der ZPÜ-Gesellschafter zumindest in Teilen nicht erfreut sein dürfte über den neuen Gast am Kuchenbuffet, bringt die VHG sicherlich einen erheblichen Katalog an Inhalten mit an den Tisch, wenn es um die Verhandlung mit Geräteherstellern und deren Abgaben geht, während Privatkopien in anderen Branchen aufgrund der technischen Entwicklung rückläufig sein dürften. Es bleibt abzuwarten, ob die VHG im Reigen der bestehenden Verwertungsgesellschaften mit offenen Armen empfangen oder misstrauisch beäugt wird.

Deutschland ist auf jeden Fall ausnahmsweise hier internationaler Vorreiter, denn die VHG dürfte bisher weltweit die einzige Verwertungsgesellschaft für die Hersteller von Games sein.

RA Kai Bodensiek*

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Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Brehm & v. Moers am Standort Berlin; er berät im Schwerpunkt Mandanten aus der Games-Branche und Influencer; darüber hinaus hat er die VHG im Rahmen der Gründung und beim Entwurf des Wahrnehmungsvertrages beraten.

 
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