Netzwirtschaften – eine europäische Herausforderung
Markus Ferber, MdEP*
In allen Netzbranchen – Telekommunikation, Energie, Internethandel – spielen hochleistungsfähige Netze für einen funktionierenden Wettbewerb eine herausragende Rolle. Der europäische Binnenmarkt erfordert eine stärkere Integration dieser Netze in ganz Europa.
Für die Telekommunikationsbranche ist der steigende sowie intelligente Datenverkehr die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Um im Rennen zu einer wettbewerbsfähigen digitalen Infrastruktur nicht den Anschluss zu verlieren, besteht nach wie vor beim Ausbau des Breitbandinternets und der Abschaffung der sog. Roaminggebühren für Telefonate und die mobile Internetnutzung im Ausland Handlungsbedarf. Mit strengeren Preisobergrenzen und mehr Wettbewerb will das Europäische Parlament erreichen, dass bis 2015 die grenzüberschreitende Mobiltelefonnutzung in der EU nicht teurer ist als im Inland.
Im Bereich der Energiewirtschaft legt die EU ein hohes Tempo an den Tag. Wir befinden uns in der Umsetzung des dritten Binnenmarktpakets. Die Herausforderung wird künftig sein, regenerativ erzeugte Energie in die Netze einzuspeisen und sie zum Verbraucher zu transportieren. Genehmigungsverfahren nehmen heute in vielen Mitgliedstaaten noch zu viel Zeit ein. Fristen von oft mehr als zehn Jahren zwischen der Planung und der Inbetriebnahme von Hochspannungsleitungen oder ähnlichen Projekten sind inakzeptabel. Unter dem Stichwort integrierte Energie- und Klimapolitik nimmt die EU bereits heute eine weltweite Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels ein, während sie zugleich der Versorgungssicherheit und Stärkung ihrer Wettbewerbsposition Rechnung trägt.
In den letzten Jahren wurde das „Online-Shopping“ immer beliebter. Auch auf politischer Ebene ist das Thema brandaktuell. Denn nach wie vor bestehen noch Hindernisse für den elektronischen Handel innerhalb der EU aufgrund unterschiedlicher nationaler Regeln im Verbraucherschutz, Steuersystem, Datenschutzbestimmungen und Postdiensten. Eine Basis ist bereits geschaffen, die Unsicherheit aber noch immer groß, und zwar sowohl auf Verbraucher- als auch auf Händlerseite. Deswegen wird die Europäische Kommission voraussichtlich Anfang 2012 eine Mitteilung zur Vollendung des Binnenmarkts für den elektronischen Handel zur Überprüfung der Umsetzung in den Mitgliedstaaten veröffentlichen. Vereinheitlicht werden müssen dringend vorvertragliche Informationen, Lieferbedingungen und Gewährleistung.
Entscheidend in Regulierungsfragen ist stets das richtige Augenmaß, also intelligente Regulierung. Brüssel setzt wichtige und richtige Impulse, welche die Mitgliedstaaten in grenzüberschreitenden Fragen nicht leisten können. Der Grundsatz der Subsidiarität muss natürlich stets gewährleistet sein, aber die Kommission muss darauf achten, dass die nationalen Regulatoren europäisches Recht auch tatsächlich umsetzen. Nur so kann der europäische Binnenmarkt reibungslos funktionieren.
* | Mitglied der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments. |