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NUR 2009, 1
Böwing 

Start der Anreizregulierung – Beginn einer neuen Ära?

von Andreas Böwing*

Am 1. Januar 2009 hat die Anreizregulierung der Netze für Strom und Gas begonnen. Dabei handelt es sich lediglich um einen weiteren Schritt bei der Professionalisierung der Strom- und Gasnetzregulierung. Dem normalen Menschen bleibt die komplizierte Welt der Regulierung verschlossen; die komplexen Rechtsbeziehungen, Verwaltungsverfahren und Prüfmechanismen verdichten sich zu der Aussage „Ich habe einen neuen Stromlieferanten“ oder „Mein Gas wird teurer“. Ganz anders sieht es für den Eingeweihten aus, konkret für das Spannungsverhältnis zwischen Netzbetreiber und Aufsichtsbehörde.

Hier hat sich seit Aufgabenübernahme durch die Behörde Mitte 2005 eine Professionalisierung herausgebildet. Die Behördenverfahren gewinnen an Berechenbarkeit. Die Behördenentscheidungen enthalten ein höheres Ausmaß an Gleichbehandlung. Man möchte der Regulierungsbehörde so etwas wie „kollektive Intelligenz“ zubilligen; d.h., dass sie zunehmend als Verwaltung funktioniert. Dies ist der Effekt von zwei Preisprüfungsrunden mit einem erheblichen Erkenntniszuwachs in der Behörde, aber auch einer Professionalisierung auf Seiten der Netzbetreiber.

Wenn man so weit gekommen ist, kann man die Kontrolle auch lockern. Nichts anderes ist die Anreizregulierung, die die Vorgabe ständig, wenn auch moderat sinkender Netzentgelte mit dem für die Netzbetreiber positiven Anreiz kombiniert, beim Übertreffen dieser Senkungsziele die Differenz behalten zu dürfen. Behörde wie Netzbetreiber werden damit professionell umgehen können. Allerdings muss die Behörde ihre Rolle in der Anreizregulierung noch ein Stück weit lernen. Die Mechanismen bei der Einführung der Anreizregulierung führen im Ergebnis dazu, dass die Netzentgelte erst steigen, dann sinken. Dem Betrachter musste seit einiger Zeit klar sein, dass die Anreizregulierung gegenüber der Kostenregulierung für die Netzbetreiber positiver und berechenbarer ist. Zu diesem Erkenntnisstand scheint mittlerweile auch die Regulierungsbehörde gelangt zu sein, die sich dann aber veranlasst sieht, in einzelnen wertwichtigen Punkten „zurückzurudern“.

Anreizregulierung muss aber – soll sie funktionieren – auch steigende Ergebnisse für Netzbetreiber beinhalten können. Dies muss die Behörde akzeptieren. Dies gilt auch für die Frage, wie die Bundesnetzagentur die Ergebnisse von höchstrichterlichen Urteilen umsetzt. Hier kann es nicht sein, dass die Behörde ihre Erfolge (zulasten der Netzbetreiber) sofort umsetzt, aber für die Netzbetreiber günstige Entscheidungen erst später berücksichtigt. Auch die Anerkennung von BGH-Entscheidungen gehört zur Professionalität dazu.

Abbildung 1

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Leiter Regulierungsmanagement/Netzwirtschaft der RWE Energy AG.

 
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