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ZNER 2015, 305
Becker 

Editorial

Fracking: ein Reiz-Stichwort! In den USA gilt Fracking als geradezu zauberhaftes Verfahren, das die USA von Einfuhren weitgehend unabhängig gemacht hat. Kein Wunder: Nach Schätzung der amerikanischen Umweltschutzbehörde wurden zwischen 2010 und 2014 jährlich zwischen 25.000 und 30.000 neue Quellen durch die Fracking-Methode erschlossen. Die Finanzierung erfolgte – typisch amerikanisch – häufig mit Hilfe sogenannter Ramschanleihen. Allerdings: Die Erträge vieler Quellen rutschten binnen Jahresfrist stark ab. Das Hauptproblem der Fracking-Investoren ist aber der niedrige Weltmarktpreis für Erdöl. Man nimmt an, dass das internationale Erdölkartell OPEC mit dem Anführer Saudi Arabien den Preis deswegen nach unten getrieben hat, um der ungeliebten Fracking-Konkurrenz das Lebenslicht auszublasen. Das ist relativ einfach. Die Kosten je Barrel liegen nämlich zwischen 35 und 70 Dollar. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der amerikanischen Sorte WTI notierte zuletzt um 49 Dollar (Stand 26. Februar 2015). Ergebnis: Pleiten. Von dem Boom profitierten vor allem die amerikanischen Autofahrer. Verglichen mit der ersten Woche des Jahres 2014 gaben die Amerikaner in ersten Wochen des Jahres 2015 2,4 Mrd. Dollar weniger für Treibstoff aus – pro Woche! Ein Konjunkturprogramm – aber auf tönernen Füßen. Man darf also deutschen Medien misstrauen, die dem Gesetzgeber die Förderung des Fracking ans Herz legen.

Der deutsche Gesetzgeber tat sich schwer. Es dauerte Jahre, bis das neue Fracking-Gesetz am 03.07.2015 im Bundestag verabschiedet wurde. Ein unübersichtliches Gesetz, in das Prof. Walter Frenz und Nicola Slota Transparenz bringen. Das Studium des – langen – Aufsatzes legt daher die Verständnisbasis für Fracking; insbesondere mit Blick auf die befürchtete Gefährdung des Grund- und Trinkwassers. Man lernt, dass in Deutschland schon seit den 1960er Jahren gefrackt wird, allerdings nur in Sand- und Karbonatgesteinen, den sogenannten konventionellen Lagerstätten. Umstritten sind die Schiefer- und Kohleflöz-Lagerstätten, die sogenannten unkonventionellen Lagerstätten mit einer Tiefe von bis zu 3.000 Metern. Insbesondere für diese Lagerstätten wird der Chemiecocktail zum Aufbrechen („fracken“) der Gesteinsschichten gebraucht. Deswegen hat sich der Gesetzgeber mit seinem „Dreierpack“,

  • dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und zur Risikominimierung bei dem Verfahren der Fracking-Technologie,

  • dem Entwurf eines Gesetzes zur Ausdehnung der Bergschadenshaftung auf den Bohrlochbergbau und Kavernen und

  • der Verordnung zur Einführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und über bergbauliche Anforderungen beim Einsatz der Fracking-Technologie und Tiefbohrungen

viel Mühe gegeben. Eine Freigabe von Fracking-Bohrungen bedarf danach einer entsprechenden Entscheidung eines Expertenrates. Allerdings kann die zuständige Landesbehörde abschließend entscheiden, vorgesehen in einer Kann-Bestimmung, durch die ein wasserwirtschaftliches Bewirtschaftungsermessen mit UVP eröffnet wird. Allerdings sei, so die Autoren, ein solches Bewirtschaftungsermessen im Rohstoffbereich grundsätzlich nicht eröffnet. Vielmehr bestehe insoweit auch nach der Garzweiler-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine gebundene Entscheidung mit Zulassungsanspruch.

Im Zentrum der Nachdenklichkeit steht die umfassende Untersuchung der amerikanischen Umweltschutzbehörde, die zu dem Ergebnis kam, dass Fracking „das Trinkwasser nicht systematisch und weitreichend beeinträchtigt“ (FAZ 06.06.2015). Allerdings habe es in einigen Fällen Probleme bis hin zur Kontamination von Trinkwasservorkommen gegeben. Doch nicht nur hier liegt das Problem: Fracking verbraucht viel Frischwasser. Nach der Umweltbehörde beanspruchen die Öl- und Gasförderer rund ein Prozent des amerikanischen Jahresverbrauchs bei Wasser. Hier liegt das eigentliche ökonomische Risiko der Fracker in Texas und Kalifornien, die sich aus dem Grundwasser bedienen, das in diesen Staaten aber extrem knapp ist. Dazu kommt, dass niemand weiß, wie sich der Chemiecocktail beim unkonventionellen Fracking langfristig auswirkt. Distanz ist also geboten.

Einen weiteren gewissen Schwerpunkt im Heft bildet das Rekommunalisierungsthema. Steinbeck und Templin besprechen den neuen Leitfaden von BKartA und BNetzA zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers: ein sehr hilfreicher Aufsatz, der einmal mehr zeigt, dass die Rechtsprechung und die Ämter eine gewisse Schlagseite zugunsten der abgebenden Netzbetreiber aufweisen, die vom Leitfaden nicht in allen Fällen ausgeräumt wird; Beispiel Netzkaufpreis nach dem Ertragswertverfahren. In der Frage der Gewichtung der Kriterien für die Vergabe ist der Hinweis der Autoren wichtig, dass nicht einmal nach dem europäischen Vergaberecht eine Gewichtung der Kriterien nötig ist. Vor den Gerichten erweist sich die Gewichtungsfrage immer wieder als „Sollbruchstelle“; etwa bei der äußerst restriktiven Gewichtung der Kriterien einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der Kommune. Die Vice-Versa-Konstellation – die in den paradiesischen Zeiten des Monopols unbeanstandete – wird dabei schlicht umgewichtet. Es bleibt dabei: Die Kommunen müssen sich ihre Rechte mühsam von Fall zu Fall erkämpfen.

Zum Thema gehören auch die Entscheidungen des BGH zu den Netzdaten, auf deren Herausgabe der Übernehmer Anspruch hat (Springe), und das Urteil des LG Dortmund zur nachvertraglichen Konzessionsabgabe (Marienheide).

Peter Becker

 
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