EuG: Wettbewerb im Bereich der Euro-Zinsderivate: Das Gericht weist die Klagen von JPMorgan Chase und Crédit agricole weitgehend ab
EuG, Urteil vom 20. 12. 2023 – Rs. T-106/17; JP Morgan Chase & Co. u.a. gegen Europäische Kommission; ECLI:EU:T:2023:832
Das EuG entschied am 20. 12. 2023 außerdem in der Rechtssache T-113/17; Crédit agricole SA gegen Europäische Kommission; ECLI:EU:T:2023:847
PM Nr. 200 v. 20.12.2023: Die Geldbuße gegen JPMorgan Chase bleibt bei 337 196 000 Euro, und die gegen Crédit agricole wird auf 110 000 000 Euro herabgesetzt
Mit Beschluss vom 7. 12. 2016[1] stellte die Kommission fest, dass Crédit agricole, HSBC und JPMorgan Chase an einer Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, mit der sie den Wettbewerb im Sektor der Euro-Zinsderivate (Euro Interest Rate Derivatives, EIRD) eingeschränkt oder verfälscht hätten. Für diese Zuwiderhandlung verhängte die Kommission Geldbußen in Höhe von 33 606 000 Euro gegen HSBC, von 114 654 000 Euro gegen Crédit agricole und von 337 196 000 Euro gegen JPMorgan Chase. Die drei Finanzinstitute fochten den Beschluss der Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union an.
Mit seinen heute verkündeten Urteilen entscheidet das Gericht über die beiden Klagen von JPMorgan Chase (Urteil T-106/17) und von Crédit agricole (Urteil T-113/17) gegen den Beschluss der Kommission von 2016.[2]
In der Rechtssache T-106/17 (JPMorgan Chase) bestätigt das Gericht die Feststellungen der Kommission in Bezug auf die Beteiligung von JPMorgan Chase an einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht. Das Gericht weist die meisten Argumente, die JPMorgan Chase gegen den angefochtenen Beschluss vorgebracht hat, zurück, folgt aber denjenigen, mit denen geltend gemacht wurde, dass die von der Kommission bei der Bestimmung der Höhe der Geldbuße angegebene Begründung unzureichend sei. Folglich erklärt das Gericht die von der Kommission verhängte Geldbuße für nichtig. Es berechnet sodann selbst die Geldbuße anhand der ihm unterbreiteten Angaben. Unter Berücksichtigung von Faktoren wie der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung sowie etwaiger mildernder Umstände setzt das Gericht die Geldbuße auf 337 196 000 Euro fest, was der ursprünglich von der Kommission verhängten Geldbuße entspricht.
In der Rechtssache T-113/17 (Crédit agricole) bestätigt das Gericht weitgehend die Feststellung der Kommission in Bezug auf die Kartellbeteiligung dieser Gesellschaft. Allerdings befindet das Gericht, dass die Kartellbeteiligung von Crédit agricole nur hinsichtlich ihres eigenen Verhaltens und des auf die Manipulation des Euribor-Zinssatzes gerichteten Verhaltens der anderen Banken festgestellt werden kann, nicht aber in Bezug auf die sonstigen wettbewerbswidrigen Praktiken dieser Banken. Indessen hebt das Gericht hervor, dass die Beteiligung von Crédit agricole am beanstandeten Verhalten vorsätzlich geschah und die maßgeblichen Praktiken besonders schwerwiegend waren. Folglich kann der mildernde Umstand, der darin liegt, dass Crédit agricole bei der Zuwiderhandlung eine weniger bedeutende Rolle spielte als die Hauptakteure, nur eine geringe Auswirkung auf die Höhe der Geldbuße haben.
Im Übrigen befindet das Gericht, dass der Beschluss der Kommission denselben Begründungsmangel aufweist wie in der Rechtssache T-106/17 (JPMorgan Chase).
Unter diesen Umständen setzt das Gericht die gegen Crédit agricole verhängte Geldbuße auf 110 000 000 Euro herab.
[1] Beschluss C(2016) 8530 final vom 7. 12. 2016 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39914 – Euro-Zinsderivate).
[2] Das Gericht hat mit Urteil vom 24. 9. 2019, HSBC Holdings u. a./Kommission, T-105/17 (vgl. auch PM Nr. 116/19), die gegen den HSBC-Konzern verhängte Geldbuße für nichtig erklärt. Der Gerichtshof hat diese Entscheidung mit Urteil vom 12. 1. 2023, HSBC Holdings u. a./Kommission, C-883/19 P, bestätigt (vgl. auch PM Nr. 8/23).