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Wirtschaft
08.10.2020
Wirtschaft
EuGH: Die Unionsregelung zur Harmonisierung der verpflichtenden Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts von Lebensmitteln, u. a. von Milch, ...

... steht dem Erlass nationaler Vorschriften, mit denen bestimmte zusätzliche Ursprungs- oder Herkunftsangaben vorgeschrieben werden, nicht entgegen

Der EuGH hat mit Urteil vom 1. 10. 2020 – Rs. C-485/18; Groupe Lactalis gegen Premier ministre u. a., ECLI:EU:C:2020:763, entschieden:

1.      Art. 26 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission ist dahin auszulegen, dass die verpflichtende Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts von Milch und als Zutat verwendeter Milch als „speziell durch diese Verordnung harmonisierter Aspekt“ im Sinne von Art. 38 Abs. 1 dieser Verordnung anzusehen ist, falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher möglich wäre, und dass er es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, auf der Grundlage von Art. 39 dieser Verordnung Vorschriften zu erlassen, die zusätzliche verpflichtende Angaben vorschreiben, sofern diese mit dem Ziel vereinbar sind, das der Unionsgesetzgeber mit der speziellen Harmonisierung des Aspekts der verpflichtenden Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts verfolgt hat, und mit dieser Angabe ein kohärentes Ganzes bilden.

2.      Art. 39 der Verordnung Nr. 1169/2011 ist dahin auszulegen, dass, wenn es um nationale Vorschriften geht, die im Hinblick auf Abs. 1 dieses Artikels durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt sind, die beiden in Abs. 2 dieses Artikels genannten Anforderungen, nämlich dass zum einen „nachweislich eine Verbindung zwischen bestimmten Qualitäten des Lebensmittels und seinem Ursprung oder seiner Herkunft besteht“ und dass zum anderen „[nachgewiesen wird,] dass die Mehrheit der Verbraucher diesen Informationen wesentliche Bedeutung beimisst“, nicht zusammen zu verstehen sind, so dass das Bestehen dieser nachweislichen Verbindung nicht beurteilt werden kann, indem allein subjektive Kriterien zugrunde gelegt werden, die sich auf die Bedeutung der Assoziation beziehen, die die Mehrheit der Verbraucher zwischen bestimmten Qualitäten des betreffenden Lebensmittels und seinem Ursprung oder seiner Herkunft herstellen kann.

3.      Art. 39 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1169/2011 ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Qualitäten des Lebensmittels“ die Transporteignung eines Lebensmittels und seine fehlende Anfälligkeit gegenüber den Risiken eines unterwegs eintretenden Verderbs nicht umfasst, so dass diese Merkmale bei der Beurteilung einer eventuell „nachweislich [bestehenden] Verbindung zwischen bestimmten Qualitäten des Lebensmittels und seinem Ursprung oder seiner Herkunft“ im Sinne dieser Bestimmung nicht zum Tragen kommen können.

(Tenor)

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