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Wirtschaft
17.05.2014
Wirtschaft
EuGH: Vergabe: Horizontales Inhouse-Geschäft in Beschaffungsverhältnissen zwischen Tochtergesellschaften der öffentlichen Hand?

EuGH, 8. 5. 2014 - Rs. C-15/13; TU Hamburg-Harburg, Hochschul Informations System GmbH/Datenlotsen Informationssysteme GmbH

Der EuGH entschied, Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2004/18/EG (Vergaberichtlinie) dahin auszulegen, dass ein Vertrag über die Lieferung von Waren, der zwischen einer Universität, die ein öffentlicher Auftraggeber ist und die im Bereich der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen der Aufsicht eines deutschen Bundeslands [hier: Stadt Hamburg] unterliegt, und einem privatrechtlichen Unternehmen, das sich in der Hand des Bundes und der Bundesländer, darunter des genannten Bundeslands, befindet [hier: Hochschul-Informations-System GmbH – HIS] geschlossen worden ist, einen öffentlichen Auftrag darstellt und somit den Vorschriften der Richtlinie über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen unterliegt.

Das Hanseatische OLG Hamburg hatte im Rahmen eines Rechtsstreits der TU Hamburg-Harburg und der HIS gegen die Datenlotsen Informationssysteme GmbH über die Rechtmäßigkeit der ausschreibungsfreien Vergabe eines Auftrags an die HIS dem EuGH die Frage vorgelegt, ob ein „öffentlicher Auftrag“ i. S. von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie auch ein Vertrag sein könne, bei dem der Auftraggeber den Auftragnehmer zwar nicht wie eine eigene Dienststelle kontrolliert, aber sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer von demselben Träger, der seinerseits öffentlicher Auftraggeber ist, kontrolliert werden und Auftraggeber und Auftragnehmer im Wesentlichen für ihren gemeinsamen Träger tätig werden (horizontales In-House-Geschäft). Bejahendenfalls: Müsse sich die Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle nur auf den Beschaffungsbereich oder auf die gesamte Tätigkeit des Auftragnehmers erstrecken?

Der Gerichtshof stellte fest, auf der Grundlage der Akten und im Licht der EuGH-Rechtsprechung sei die Stadt Hamburg nicht in der Lage, über die Universität eine „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ auszuüben. Die ausgeübte Kontrolle beziehe sich allein auf den Beschaffungsbereich, nicht aber auf Lehre und Forschung, in denen die Universität über eine weitgehende Autonomie verfüge. Unter diesen Umständen brauche nicht geprüft zu werden, ob die Ausnahme für die „In-House“-Vergabe auf sog. „horizontale In-House“-Geschäfte angewendet werden kann, d. h. auf Fälle, in denen derselbe oder dieselben öffentlichen Auftraggeber eine „Kontrolle wie über eigene Dienststellen“ über zwei verschiedene Wirtschaftsteilnehmer ausüben, von der eine einen Auftrag an den anderen vergibt.

Die Rechtsprechung über die Zusammenarbeit zwischen Gebietskörperschaften gemäß den Urteilen Kommission/Deutschland (C‑480/06) sowie Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a. (C‑159/11) auf das Ausgangsverfahren sei nicht anwendbar; die Zusammenarbeit zwischen der Universität und HIS diene nämlich nicht der Erledigung einer gemeinsamen öffentlichen Aufgabe i. S. dieser Rechtsprechung (vgl. Urteil Ordine degli Ingegneri della Provincia di Lecce u. a, Rn. 34 und 37).

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