Prof. Dr. Christian Kersting: Kenntnisabhängige Verjährung und Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden
Anmerkung zum Schlussantrag von GAin Medina, 3.4.2025 – Rs. C-21/24, CP gegen Nissan Iberia, S.A; ECLI:EU:C:2025:248
In Heureka hat sich der EuGH zum Verhältnis von Kommissionsentscheidungen zur verjährungsauslösenden Kenntnis geäußert und eine „Richtschnur“ gegeben. In Nissan Iberia hat er nun die Gelegenheit, diese Rechtsprechung im Kontext von Entscheidungen nationaler Kartellbehörden fortzuführen. Der vorliegende Beitrag analysiert den Schlussantrag von Generalanwältin Medina.
I. Problem
Vor einem knappen Jahr hatte der EuGH in der Rechtssache Heureka seine Rechtsprechung zu Fragen der Verjährung im Kartellschadensersatzrecht fortentwickelt. Dabei hatte er unter anderem ausgesprochen, dass die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis in der Regel mit Veröffentlichung der Zusammenfassung der Kommissionsentscheidung im Amtsblatt anzunehmen ist (EuGH, 18.4.2024 – Rs. C-605/21, Rn. 66 ff. – Heureka; dazu ausführlich Kersting, WuW 2024, 455 ff.). Nun hatte Generalanwältin Medina die Gelegenheit, in ihrem Schlussantrag in der Rechtssache Nissan Iberia zu untersuchen, inwieweit diese Rechtsprechung auf Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden übertragen werden kann. Der vorliegende Beitrag will einige Aspekte des Schlussantrags schlaglichtartig beleuchten.
II. Vorlagefragen
Im Ausgangspunkt setzt sich die Generalanwältin mit den Vorlagefragen auseinander. Die erste Vorlagefrage, die zwischen der Verpflichtung und der Möglichkeit zur Klageerhebung unterscheidet, ist – jedenfalls ohne vertiefte Kenntnisse im spanischen Verjährungsrecht und der spanischen Diskussion – kaum verständlich. Zu Recht hält die Generalanwältin sie für unzulässig, weil sie ohne ausreichende Verbindung mit dem europäischen Recht allein aus dem spanischen Recht hervorzugehen scheint (Rn. 23 ff.).
Auch die weiteren Vorlagefragen sind wenig klar. Die Generalanwältin formuliert daher neu: „the referring court asks, in essence, first, whether Article 101 TFEU and the principle of effectiveness must be interpreted as not precluding national legislation, as interpreted by the relevant national courts, which provides that the limitation period – applicable to actions for damages for an infringement of the provisions of EU competition law, established by a decision of the NCA (follow-on action for damages) – does not start to run before the date on which that decision: (a) became final, where appropriate, after its confirmation by the relevant national courts; (12) and/or (b) was published on the website of that NCA, but has not yet become final. In that connection, the referring court asks, secondly, in essence, whether the Court’s approach in the judgment in Heureka (relating to follow-on actions based on Commission decisions, a summary of which is published in the Official Journal) can be transposed to a case such as the one in the main proceedings (relating to NCA decisions, which are published only on the NCA website).“ (Rn. 31).
Dabei kann auch die neu formulierte Frage nicht recht überzeugen. Während die Teilfrage 2 zur Übertragbarkeit der Heureka Entscheidung des EuGH zu Kommissionsentscheidungen auf Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden die zentrale Stoßrichtung der Fragen des vorlegenden Gerichts richtig erfasst, gilt dies für die erste Teilfrage nicht. Das vorlegende Gericht will nicht wissen, ob ein bestimmtes Ergebnis zum nationalen Recht mit dem europäischen Recht vereinbar ist, sondern es fragt, welches Ergebnis das europäische Recht dem nationalen Recht vorgibt und gibt insofern zwei Alternativen.
III. Antwortvorschlag
Dies führt dazu, dass auch die vorgeschlagene Antwort der Generalsanwältin nicht vollständig überzeugen kann. Richtigerweise verlangt sie, dass für den Verjährungsbeginn die Entscheidung der nationalen Wettbewerbsbehörde bestands- bzw. rechtskräftig („final“) ist (Rn. 50 ff., 59 ff., 90, 96). Die vorgeschlagene Antwort besagt jedoch nur, dass das europäische Recht einer solchen Aussage des nationalen Rechts nicht entgegensteht. Das beinhaltet jedoch die Möglichkeit, dass auch andere Lösungen des nationalen Rechts mit dem europäischen Recht vereinbar sind. Das ist freilich nicht der Fall und von der Generalanwältin wohl auch nicht gemeint.
In der Sache ist der Generalanwältin rechtzugeben. Wie bereits im Nachgang zur Heureka Entscheidung des EuGH ausgeführt, führt die konsequente Übertragung der Entscheidung auf Fälle, in denen Klagen auf Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden gestützt werden, dazu, dass verjährungsauslösende Kenntnis erst angenommen werden kann, wenn diese Entscheidungen bestands- oder rechtskräftig geworden sind (Kersting, WuW 2024, 455, 461 f.). Die Analyse der Generalanwältin ist dabei ausgesprochen sorgfältig. Sie stellt auf drei Kriterien ab, die ihrer Ansicht nach alle dafürsprechen, Kenntnis erst bei einer finalen Entscheidung anzunehmen: hinreichende Informationen für den Kläger, auch mit Blick auf das Kostenrisiko, was erfordert, dass der Kläger sich auf eine Entscheidung verlassen kann, die spezifische Rechtswirkungen hat (Rn. 60 ff.); Richtigkeitsvermutung der relevanten Entscheidung (Rn. 68 ff.); Beweiskraft vor nationalen Gerichten (Rn. 85 ff.).
Die Generalanwältin wendet sich damit zu Recht gegen die Auffassung der Kommission, der zufolge ein Verjährungsbeginn schon bei Erlass und vor Bestands- oder Rechtskraft der Entscheidung der nationalen Wettbewerbsbehörde europarechtlich möglich sei (Rn. 79). Sie sieht in dieser Möglichkeit einen Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz, weil – gerade auch im Ausgangsverfahren – die Gefahr bestehe, dass die Verjährung eintrete, bevor eine finale Entscheidung vorliege, sodass die Geschädigten ihre Klage nicht auf eine finale Entscheidung stützen könnten (Rn. 81 f.). Richtigerweise hält sie der Kommission entgegen, dass die Entscheidung des EuGH in Heureka nicht einfach blind mit „copy and paste“ übertragen werden dürfe, sondern dass man sich auf die ihr zugrunde liegenden Wertungen stützen müsse („adopt an approach which is inspired by the spirit of the judgment in Heureka, but – contrary to the Commission’s approach – not one that would simply ‘copy and paste’ that approach in the present case“) (Rn. 90).
IV. Anwendbarkeit der Kartellschadensersatzrichtlinie
Im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Kartellschadensersatzrichtlinie (2014/104/EU, „KSERL“) sind die Ausführungen der Generalanwältin nicht an jeder Stelle präzise. Im Ausgangspunkt führt sie aus, die KSERL sei nicht anwendbar, da die Zuwiderhandlung vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie beendet worden sei und eine einjährige Verjährungsfrist bereits mit der Veröffentlichung der Entscheidung der nationalen Wettbewerbsbehörde begonnen habe (Rn. 19 f.). Das wäre jedoch nur dann richtig, wenn die Verjährung nach dem bisherigen spanischen Recht tatsächlich abgelaufen gewesen wäre. Insofern ist nach der Rechtsprechung des EuGH in Volvo und Heureka zu prüfen, ob das spanische Recht mit dem Effektivitätsgrundsatz des Primärrechts übereinstimmt, und dieses gegebenenfalls durch Außerachtlassung europarechtswidriger Bestimmungen anzupassen (EuGH, 22.6.2022 – C-267/20, Rn. 49, 76 f., 105 – Volvo; EuGH Rs. C-605/21, Rn. 50, 82, 92 f. – Heureka; siehe dazu Kersting, WuW 2024, 455, 456 f.).
Folgt man richtigerweise der Generalanwältin und lässt die Verjährung erst mit der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen, die die Entscheidung der nationalen Wettbewerbsbehörde final bestätigen, beginnen, so wäre die Verjährung im Ausgangsverfahren zum Zeitpunkt des Ablaufs der Umsetzungsfrist der Richtlinie noch nicht abgelaufen gewesen. Damit wäre der Anwendungsbereich der Richtlinie eröffnet. Im Ergebnis scheint dies auch die Generalanwältin so zu sehen (Rn. 81).
Ist damit der Anwendungsbereich der KSERL eröffnet, so verlangt deren Art. 10 Abs. 2 lit. a) Kenntnis von der „Tatsache“, dass das Verhalten eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht darstellt. Dies stützt die gefundene Auslegung der Generalanwältin. Eine rechtliche Würdigung, eine Rechtsmeinung, wird nämlich erst dann zur „Tatsache“, wenn diese endgültig behördlich oder gerichtlich mit Bindungswirkung festgestellt ist (ausführlich dazu Kersting, WuW 2024, 455, 459).
Zugegebenermaßen ist der EuGH mit Blick auf Kommissionsentscheidungen insofern großzügiger und lässt es ausreichen, dass diese mit Bindungswirkung versehen sind (EuGH Rs. C-605/21, Rn. 72 ff. – Heureka). Das ist auch vor dem Hintergrund der Argumentation der Generalanwältin nicht konsequent. Denn trotz der Bindungswirkung besteht auch hier für Kläger die Gefahr, dass die Kommissionsentscheidung aufgehoben wird, die Klage deswegen scheitert und der Kläger die Kosten tragen muss. Die frühere Kenntnis und damit der frühere Verjährungsbeginn schon mit Bindungswirkung und nicht erst bei Bestandskraft von Kommissionsentscheidungen ist für die Kläger jedoch unschädlich, weil die Verjährung jedenfalls mit ihrem Beginn sofort wegen Art. 10 Abs. 4 S. 2 KSERL gehemmt ist (ausführlich dazu Kersting, WuW 2024, 455, 461).
V. Beschränkung auf follow-on-Klagen
Die Generalanwältin beschränkt ihre Ausführungen ausdrücklich auf follow-on-Klagen. Nur in diesen Situationen stelle sich überhaupt die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Entscheidung einer zuständigen Wettbewerbsbehörde und dem Verjährungsbeginn (Rn. 48). Insofern sind zwei Aspekte bemerkenswert.
Zum einen stellt sich die Frage, was genau eine stand-alone-Situation von einer follow-on-Situation unterscheidet. Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass bis zum Erlass einer Entscheidung jede Situation zunächst eine stand-alone-Situation ist (vgl. Kersting, WuW 2024, 455, 460). Unterscheidungsmerkmal ist demnach das Vorliegen einer wettbewerbsbehördlichen Entscheidung. Das sieht auch die Generalanwältin so (Rn. 46 f.). Unklar ist freilich, ob die Entscheidung bindend oder „final“ (i.S.v. bestands- oder rechtskräftig) sein muss. Haben wir also auch dann schon eine follow-on-Situation, wenn die Entscheidung möglicherweise noch aufgehoben werden könnte? Die Generalanwältin äußert sich hierzu nicht ausdrücklich. Es wird jedoch deutlich, dass sich die Geschädigten in einer follow-on-Situation auf die Entscheidung stützen, sich darauf verlassen (Rn. 47). Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Entscheidung zumindest bindend ist. Damit gilt, dass eine follow-on-Situation bei Kommissionsentscheidungen mit deren Erlass, bei Entscheidungen von nationalen Wettbewerbsbehörden mit deren Bestands- oder Rechtskraft vorliegt.
Zum anderen führt die Beschränkung des Schlussantrags auf Ausführungen zu follow-on-Situationen dazu, dass die Generalanwältin keinerlei Aussagen zu stand-alone-Situationen trifft. Das ist konsequent, aber bedauerlich. In der Folge wird nämlich die follow-on-Situation ohne Rücksicht darauf ausgestaltet, welche Rückschlüsse dies für stand-alone-Situationen erlaubt bzw. nahelegt. Dies ist insbesondere deswegen misslich, weil vor Erlass einer Entscheidung immer eine stand-alone-Situation vorliegt. Daher kann sich die rechtliche und tatsächliche Beurteilung dieses Zeitraums, das Vorliegen von Kenntnis in diesem Zeitraum, nicht durch den späteren Erlass einer Entscheidung ändern. Vor dem Hintergrund haben Aussagen zur follow-on-Situation, die den Zeitraum vor Erlass der Entscheidung betreffen, zwangsläufig Auswirkungen auf die stand-alone-Situation, die eben genau denselben Zeitraum betrifft. Überträgt man die Aussage des EuGH aus Heureka, wonach vor Erlass der Entscheidung regelmäßig nicht von Kenntnis ausgegangen werden kann (EuGH Rs. C-605/21, Rn. 66 ff. – Heureka), auf die stand-alone-Situationen, so ist Kenntnis dort wohl nur in den seltensten Fällen anzunehmen (vgl. ausführlich zu Heureka: Kersting, WuW 2024, 455, 460).
VI. Weitere Beobachtungen
Der Schlussantrag der Generalanwältin enthält verschiedene weitere Ausführungen, die Anlass zu weiteren Beobachtungen geben. Einige davon sollen hier noch kurz aufgegriffen werden.
– Geltendmachung von Schadensersatz
Kartellschadensersatzansprüche entstehen, sobald aus einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht ein Schaden entsteht. Diese können dann unmittelbar und unabhängig von Untersuchungen und Entscheidungen von Wettbewerbsbehörden geltend gemacht werden (Rn. 46). Es ist insbesondere nicht erforderlich, zu warten, bis die Schadensentwicklung abgeschlossen ist und ein Gesamtschaden benannt werden kann. Jeder Schaden kann für sich geltend gemacht werden. Dem entspricht auch, dass der EuGH die einzelne Verjährung von mit jeder Transaktion entstehenden Schadensersatzansprüchen für zulässig und damit für möglich hält (EuGH Rs. C-605/21, Rn. 36, 42, 44, 81, 89, 94 – Heureka).
– Art. 101 als Recht, nicht als Pflicht
Aufgrund der ersten Vorlagefrage sieht sich die Generalanwältin ferner veranlasst, die Selbstverständlichkeit zu betonen, dass Art. 101 AEUV nur ein Recht (auf Schadensersatz) gewährt. Er verpflichtet die Geschädigten jedoch nicht, sich darauf zu berufen und Schadensersatz zu verlangen (Rn. 29).
– Rückstellungen
Ein Kuriosum ist die in Fußnote 61 des Schlussantrags enthaltene Information, dass Kartellanten in Spanien keine Rückstellungen für mögliche Bußgeldverbindlichkeiten bilden, solange die Bußgeldentscheidung noch nicht final ist. Es erscheint merkwürdig, wenn Beklagte argumentieren, der Kläger habe ausreichende und damit verjährungsauslösende Kenntnis für die Klageerhebung, selber aber der Meinung sind, ihnen selbst fehlten hinreichende Ansatzpunkte für die Bildung einer Rückstellung. Die Vereinbarkeit dieser Vorgehensweise mit Art. 12 Abs. 12 der Bilanzrichtlinie 2013/34/EU erscheint mehr als zweifelhaft.
– Aktivlegitimation: das Unternehmen als Jedermann
Bemerkenswert sind schließlich die Ausführungen in der Einleitung, in denen die Generalanwältin dem Unternehmen Rechte aus Art. 101, 102 AEUV zuschreibt (Rn. 32) und dies in Verbindung mit der Jedermanns-Rechtsprechung bringt (Rn. 33). Sie verweist dabei auf eine Entscheidung des EuGH, in der dieser tatsächlich wie folgt formuliert: „Im übrigen kann ein Unternehmen, das durch ein wettbewerbswidriges Verhalten beeinträchtigt zu sein glaubt, stets, insbesondere wenn die Kommission beschließt, seiner Beschwerde nicht stattzugeben, vor den nationalen Gerichten seine Rechte aus den Artikeln 85 Absatz 1 und 86 des Vertrages geltend machen, die in den Beziehungen zwischen einzelnen unmittelbare Wirkungen erzeugen […]” (EuGH, 18.3.1997 – Rs. C-282/95 P, Rn. 39 – Guérin automobiles; in Englisch: „It must also be noted that any undertaking which considers that it has suffered damage as a result of restrictive practices may rely before the national courts, particularly where the Commission decides not to act on a complaint, on the rights conferred on it by Article 85(1) and Article 86 of the Treaty, which produce direct effect in relations between individuals […].”).
Dies zeigt, dass die Annahme, Schadensersatzansprüche könnten auch einem Unternehmen als solchem (und nicht nur seinen Rechtsträgern) zustehen, keineswegs fernliegend ist. Es bleibt daher zu hoffen, dass die Entscheidungen des EuGH in MOL (EuGH, 4.7.2024, C-425/22 – MOL) und Volvo Transsaqui (EuGH, 11.7.2024 – Rs. C-632/22 – Volvo/Transsaqui), die als Ablehnung dieser Idee missverstanden werden könnten, nicht das letzte Wort sind (ausführlich dazu Kersting, NZKart 2024, 443 ff. (in Englisch: 46 E.C.L.R. 62); Kersting/Otto, NZKart 2024, 546 ff. (in Englisch: [2025] 18 G.C.L.R. 1). Wie der Fall des BGH in Sachen Matratzenpreisbrecher zeigt, sind Situationen denkbar, in denen die Behandlung des Unternehmens als aktivlegitimiert große Bedeutung gewinnt (BGH, 12.9.2023 – KZR 39/21 – Matratzenpreisbrecher; dazu Kersting, NZKart 2024, 206 ff. (in Englisch: [2024] 17 G.C.L.R. 91). Aus Effektivitätsgesichtspunkten kann dies insbesondere geboten sein, um den Einwand der Schadensabwälzung im Konzern ausschließen zu können. Ein Beklagter könnte dem Kläger daher nicht entgegenhalten, der Schaden sei innerhalb des klägerischen Konzerns weitergeleitet worden (siehe dazu die Konstellationen in den Fällen LG Frankfurt a.M., 10.8.2018 – 2-03 O 239/16; LG Stuttgart, 14.12.2018 – 30 O 26/17; ausführlich dazu Kersting, WuW 2019, 290, 298 (in Englisch: (2020) 13 G.C.L.R. 47, 56 f.); Kersting, NZKart 2024, 206, 208 (in Englisch: [2024] 17 G.C.L.R. 91, 93 f.).
VII. Fazit
Der Schlussantrag von GA Medina kann insgesamt überzeugen. Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH ihm folgen wird. Dabei ist wünschenswert, dass die Antwort des EuGH klarer ausfallen wird. Die Antwort sollte negativ formuliert werden: ‚Das europäische Primärrecht steht einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, wonach verjährungsauslösende Kenntnis in follow-on-Situationen, an denen die Europäische Kommission nicht beteiligt ist, auch ohne eine bestandskräftige oder rechtskräftige Entscheidung der nationalen Wettbewerbsbehörde angenommen werden kann.‘ Zu hoffen ist, dass der EuGH dabei auch obiter einen Blick auf die stand-alone-Situation werfen wird.
Prof. Dr. Christian Kersting, LL.M. (Yale), Düsseldorf, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht sowie deutsches und internationales Unternehmens-, Wirtschafts- und Kartellrecht an der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.