EuGH: Ein Gericht, vor dem ein Verbraucher die Missbräuchlichkeit bestimmter Vertragsklauseln geltend macht, muss von sich aus weitere Klauseln des Vertrags prüfen, soweit sie mit dem Streitgegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits zusammenhängen
Der EuGH (3. Kammer) hat mit Urteil vom 11. 3. 2020 – Rs. C-511/17, Györgyné Lintner gegen UniCredit Bank Hungary Zrt., ECLI:EU:C:2020:188 entschieden:
1. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, das über die Klage eines Verbrauchers auf Feststellung der Missbräuchlichkeit bestimmter Klauseln in einem Vertrag zu entscheiden hat, den dieser Verbraucher mit einem Gewerbetreibenden geschlossen hat, nicht verpflichtet ist, alle anderen Vertragsklauseln, die von diesem Verbraucher nicht angefochten worden sind, von Amts wegen gesondert darauf zu prüfen, ob sie als missbräuchlich angesehen werden können, sondern nur diejenigen Klauseln prüfen muss, die mit dem Streitgegenstand zusammenhängen, wie er von den Parteien abgegrenzt wurde, sobald es über die hierfür erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen, gegebenenfalls ergänzt durch Untersuchungsmaßnahmen, verfügt.
2. Art. 4 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sind dahin auszulegen, dass zwar für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Vertragsklausel, die als Grundlage für die Ansprüche eines Verbrauchers dient, alle anderen Klauseln des Vertrags zwischen einem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher berücksichtigt werden müssen, diese Berücksichtigung jedoch als solche für das mit der Sache befasste nationale Gericht keine Pflicht beinhaltet, von Amts wegen alle diese Klauseln auf ihre etwaige Missbräuchlichkeit zu prüfen.
(Tenor)